Das Gebäude als zeitgenössisches Kunstwerk

Stuttgarter Galerie ABTART setzt auf ein modernes Erscheinungsbild und öffnet sich für junge Künstler.

von Rüdiger Sinn, Stuttgart, DBZ- online vom 11.11.2009

 

Was gibt es Klügeres, wenn Architektur mit Kunst korrespondiert – das ist der erste Eindruck, wenn der Betrachter vor der neuen Kunstgalerie ABTART in Stuttgart steht. Ausgerechnet an einer viel befahrenen Straßenkreuzung im Stadtteil Möhringen wurde der Neubau als konsequentes Gegenstück zum üblichen Straßenbild von „Nixdorf Consult – Architekten und Ingenieure“ entworfen und binnen eines Jahres fertig gestellt. Bauherrin ist die bekannte Stuttgarter Galeristin Karin Abt-Straubinger.

 

Schon von außen kann man erahnen, was einen in der Galerie an Kunst erwartet.
Auf das tortenstückförmige Grundstück wurde ein dreigeschossiges, vielgegliedertes Volumen gesetzt, das sich mit dunklem Klinker, Glas und bronzefarbenen „Stadtfenstern“ spannungsreich präsentiert. Trotz des zeitgenössischen Baustils wirkt die Galerie nicht als Fremdkörper im sonst beschaulichen Möhringen, umrahmt von Fachwerkhäusern und 1950er Jahre Bauten. Der Neubau will besichtigt werden, zieht den Besucher an und hinein; und das ist schließlich Sinn und Zweck einer an Öffentlichkeit interessierten Galerie.

Auf rund 500 m² und drei Ebenen präsentieren die Ausstellungsräume Kunst in puristisch heller Atmosphäre, die hohen Räumen und der graue Estrich vermitteln Werkstattcharakter. An die Konturen des eigenwilligen Grundstücks ist auch der Grundriss angepasst und so überraschen die Räume mit Winkeln und Nischen. Die großen Fenster nach allen Seiten lassen viel Licht auf die weißen Wände fallen und geben den Räumen Offenheit. Die klaren Linien der Treppenaufgänge gliedern den Bau. Im EG gibt eine große Glasfront den Blick auf den Garten und den darunter liegenden offenen Skulpturenhof frei.

 

Und dann war da auch noch die Kunst … die Galeristin Karin Abt-Straubinger, die eine zweite Galerie unweit der neuen betreibt, hatte das alte Haus auf dem Grundstück schon auf den Neubau eingeschworen. Vor zwei Jahren machten sich zunächst Graffiti-Künstler der Stuttgarter Merz-Kunstakademie daran, das Haus eigenwillig zu verschönern, zuletzt – da der Abriss nahte – wurde das bunte Haus einer Metamorphose unterzogen. Das Graffiti wurde übergepinselt und das Haus trug seither schwarz, zur Trauer.

Zeitgenössische Kunst, in Gemälden und Skulpturen möchte Karin Abt-Straubinger in die Galerie bringen und so konnte für die Eröffnungsausstellung der bekannte Kurator Jan Hoet gewonnen werden. Unter dem Titel (Z)ART sind Werke von 13 internationalen Künstlern versammelt, die in den unterschiedlichen Kunstdisziplinen eine eher zurückhaltende Formensprache zum Ausdruck bringen. „Wir wollten die erste Ausstellung sehr sparsam und zurückhaltend gestalten, um das Haus als Kunstwerk wirken zu lassen“, begründet Hoet seine Zielsetzung. Und das ist gelungen. So wirkt im größten Raum, dem UG mit dem sich anschließendem 100 Quadratmeter Freigelände, vor allem die Madonna, die zwar präsent im Raum steht, aber doch viel Platz für den eigentlichen Raum lässt.

 

Eine Verknüpfung mit der Stuttgarter Weißenhofsiedlung – gebaut 1927 und herausragendes Beispiel für modernes Bauen – hat Kurator Hoet übrigens mit einem Modell von Willi Baumeister hergestellt. Der Stuttgarter Künstler und Typograf hatte bei der Werkbund-Ausstellung „die Wohnung“ mit Modellen und Grafiken teilgenommen. Die Ausstellung mündete schließlich in den Bau der Weißenhofsiedlung. Das Modell steht im Eingangsbereich der Galerie.

 

Und wie gefällt der Galeristin das Ergebnis? Sie fühle sich sehr wohl, sagt Karin Abt-Straubinger. Die Architekten hatten schon ihr eigenes Haus geplant, deshalb hatte sie gewusst, auf was sie sich einlässt. „Das Haus soll ein besonderer Ort zur Präsentation und Vermittlung junger Gegenwartskunst sein und das ist es auch geworden.“